ECA nimmt Stellung zum „Focus Top-Coach Siegel“

ECA nimmt Stellung zum „Focus Top-Coach Siegel“

Im Frühjahr 2016 erhielten Xing Mitglieder e-Mails von Xing mit der sinngemäßen Aussage/Frage: „Wir haben Sie als Experte zum Thema Coaching identifiziert. Kennen Sie gute Coaches?“  Dann folgte der Link zu einer Umfrage von Focus in Kooperation mit Xing. Dort wurde man aufgefordert,  Coaches zu empfehlen für verschiedene Rubriken, z.B.  Führungskräfte-Coaching, Karrierecoaching, interkulturelles Coaching, Work-Life-Balance-Coaching und auch Coaching-Weiterbildungs- Institute.  Insgesamt müssen über 10 Rubriken gewesen sein.  Es wurden einem beim Ausfüllen der Umfrage auch gleich Namen von Coachs vorgeschlagen, so dass man gar nicht groß überlegen musste.

Die ECA hat sich daraufhin schriftlich an die Initiatoren der Umfrage gewandt und gesagt, dass sie es für fragwürdig hält, Menschen nach  nicht transparenten Auswahlkriterien – angeblich sollen 140.000 Coachs in Xing eingeladen worden sein (selbst optimistische Branchenschätzungen kommen nur auf einen Bruchteil dieser Zahl), zusätzlich über 70.000 Personaler –  einfach mal so ein Expertentum zuzuschreiben und sie aufzufordern, Empfehlungen auszusprechen, ohne valide Kriterien. Vor allem die Empfehlung einer Coaching Ausbildung bzw. eines Weiterbildungsinstituts hielte die ECA aus Verbandssicht für fraglich, denn es besteht die Gefahr, dass ein Institut, dass  sich diversen Qualitäts-Sicherungsmaßnahmen unterzieht, z.B. durch Prüfung durch einen Verband, schlechter abschneidet, als ein Institut, dass sich nicht nachweislich um ein Qualitätsmanagement bemüht. So können mühsam am Markt etablierte Standards unterlaufen werden.

Die Umfrageergebnisse sind kürzlich erschienen, ohne die Ergebnisse für den Bereich Weiterbildungsinstitute. Die Publikation über die deutschen „Top-Coachs“ löste eine mediale Welle in der Branche aus. Denn die von Focus in Kooperation mit Xing gekürten Top-Coachs bekamen zusammen mit dem Glückwunsch zur „Ernennung“ auch das Angebot vom Focus, für 5.000,– €uro (fünftausend) ein Jahr lang das Focus Siegel „Focus Top-Coach“ verwenden zu dürfen.  Und zwar in einer Rubrik ihrer Wahl. Da es sich um ein Focus-Siegel handelt, erweckte es den Anschein einer journalistisch vergebenen Auszeichnung. Auch wenn diese Praxis von Focus aus anderen Branchen bekannt ist, die Coachs reagierten entrüstet, wie die Süddeutsche Zeitung beschrieb.

 Braucht die Coaching Branche den Focus-Top-Coach?

Stellungnahme von Bernhard Juchniewicz, Präsident der European Coaching Association:

 „Der Werdegang eines Coachs ist enorm komplex.  Coachs haben unterschiedliche Berufsqualifikationen, akademische Bildungsabschlüsse und Zusatzausbildungen, dazu bilden sie sich in der Regel ständig weiter.  Als Berufsverband sichern wir die Multi-Professionalität und Interdisziplinarität unserer Mitglieder durch unser Berufsbild,  unser Aufnahmeverfahren, und unsere Satzung.

Dieser Komplexität wird ein solches „Top-Coach“-Siegel deshalb schon nicht gerecht, da es die Spezialisierungen und Kernkompetenzen und Berufserfahrungen, Zusatzausbildungen, Lizenzierungen eines qualifizierten Coachs nicht wieder spiegelt.

Die ECA hat bereits 1994 ein Berufsbild für Coachs ins Leben gerufen. ECA-Mitglieder werden in einem qualifizierten Aufnahmeverfahren überprüft und anerkannt im Basic, Advanced oder Expert Level, zusätzlich noch ECA lizenziert in ihren besonderen Qualifikationen, Zusatzausbildungen, Berufs-Praxis-Erfahrungen, Kernkompetenzen. Denn ein Multi-professioneller Coach hat eine – oder mehrere – besondere Kern-Kompetenzen, z.B. Sport Coach, Gesundheits-Coach, Familien Coach, Executive Coach, Business- & Management Coach, Lehr Coach usw. Die ECA-Lizenzierungen bilden das ab.

Markttransparenz kann nur schaffen, wer klare Definitionen und Bewertungskriterien vorweist. Der Coach muss zum Klienten und zur Problem Lösung bzw. zur Zielstellung des Klienten passen. Deshalb sehe ich die Bezeichnung „Top-Coach“  für die Kunden als wenig hilfreich an.

Die Focus-Aktion wirft ein bedenkliches Licht auf vermeintlich unabhängigen Journalismus und ist für mich gleichzeitig auch ein Griff nach einer Definitionsmacht im Coaching Markt, der man rechtzeitig und fachlich kompetent begegnen sollte, um dem jungen Berufsstand Coach in seiner Orientierung hin zu lebenslangem  Lernen  – Erwachsenen-Persönlichkeits-Weiterbildungsarbeit – mit Respekt und Anerkennung zu begegnen.  Dennoch freut es mich, dass sich unter den „kollegial“ empfohlenen Focus – Top-Coachs viele geschätzte Kollegen befinden.“

 

Über die ECA: Die European Coaching Association (ECA) ist ein europaweit vernetzter Berufsverband professioneller Coaches (lizenziert im: Basic, Advanced oder Expert Level und differenziert in ihren Kern-Kompetenzen), Lehr Coaches, Lehr Institute und Sozietäten. Die ECA engagiert sich besonders für die berufsständische Aus- und Weiterbildung von professionellen Coaches und für die europaweite Entwicklung des Berufsbilds – professioneller Coach – mit einheitlichen Qualitätsstandards im Bereich prof. Coaching. Die ECA war der erste Berufsverband, der einen ECA Coach Finder / www.ECA-Coach-Guide.com für die Hilfe suchender Unternehmen, Führungskräfte, Teams, Privat-Personen, Familien kostenlos anbot. In 2014 feierte die ECA – European Coaching Association – ihr 20jähriges Bestehen seit der Gründung des ECA Berufsverbandes im Jahre 1994.

 

 

29. März 2019 / by / in ,
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