Vielfalt und Wettbewerb im professionellen Coaching

Vielfalt und Wettbewerb im professionellen Coaching

Von Bernhard Juchniewicz und Angelica Ulkan

Ene, mene, muh und raus bist Du! oder „Abzählreime für Erwachsene“

Wer in der Alpha-Liga spielt, kennt sich aus in den Untiefen öffentlich propagierter Diffamierungen und Aversionen gegen unliebsame Mitbewerber im Kampf um begehrte Marktanteile, Einfluss und Macht.

Wo es einfach nur um den größtmöglichen Profit geht, lassen Experten mit Allwissenheitsanspruch und Tunnelblick unter dem Deckmäntelchen der Seriosität nichts unversucht, Kollegen als „unfähig“ zu brandmarken, die nicht dem erlauchten Kreis der selbsternannten „Päpste“ angehören und dies vielleicht auch gar nicht wollen.

 „Roma locuta, causa finita“ – ”Rom hat gesprochen, die Sache ist erledigt”.      Lateinisches Sprichwort

Soll heißen: „Die Weisheit gepachtet haben wir“ oder: „Der Bessere bin ICH.“

Weh’ dem, der daran zweifelt. Ihm muss klar sein, dass er aus dem Raster fällt und somit zur ernsten Bedrohung wird im Kampf um den Löwenanteil am Kuchen, Gefahr für eine eingeschworene Gemeinschaft, die für sich in Anspruch nimmt, Könner, Alleinherrscher, Richter und Staatsanwalt in persona zu sein und somit die bessere Wahl … und Welt? – für den potentiellen Klienten. Dabei bleibt offen, was denn nun eigentlich „besser“ ist:

Die Dienstleistung?, die Konzepte?, der noch viel bessere Ruf?, die Interessenvertretung – selbstredend -, die „andere Seite“ überhaupt?, oder doch nur der Clown – womöglich ist der wirklich besser? –, ….. .Qual der Wahl,

armer Konsument, …… Wie kriegt man ihn bloß auf die „Couch“? Das hier ist die „Gretchenfrage“.

 Es fällt schwer, keine Satire zu schreiben.

Vielfalt und Wettbewerb im Coaching

Es macht Spaß, sich im fairen Wettkampf mit Kollegen zu messen. Wettbewerb belebt, spornt an zu Verbesserung, ohne ihn gibt es keine Höchstleistung und auch keine Emotion auf dem „Siegertreppchen“, wenn etwas gut gelaufen ist. Es sind unsere Klienten, die davon profitieren – und genau so soll es sein.

Keinen Spaß macht es, von einer sich omnipotent gebärdenden selbsternannten Coaching-Kontrollinstanz je nach Gutdünken ein- und aussortiert und nach Gusto diffamiert zu werden mit dem Ziel, das eigene Territorium nicht nur abzustecken, sondern immer mehr an Boden zu gewinnen. Vielfalt und fairem Wettbewerb wird ein Riegel vorgeschoben zu Gunsten eng begrenzter Schemata, in denen versucht wird – so scheint es – unliebsame Konkurrenten durch Diffamierung einfach „auszuzählen“ und damit Klientenpotential für sich zu erschließen. Der Klient hat gar keine Möglichkeit mehr, sich objektiv zu entscheiden und folgt seiner subjektiven Wahrnehmung. Dies kommt einer Entmündigung gleich.

 Des Kaisers neue Kleider: Authentizität im Coaching

«Ein Mann geht zum Schneider und lässt Maß nehmen für einen neuen Anzug. Bei der Anprobe stellt er fest, dass ein Hosenbein zu lang ist, der Sakko schlägt Falten und ein Ärmel ist zu kurz. Als der Kunde sich wundert, beruhigt ihn der Schneider  mit den Worten: „Aber mein lieber Herr, das liegt doch ganz an Ihnen. Stellen Sie nur ein Bein nach vorne, ziehen Sie eine Schulter hoch und beugen Sie sich ein wenig beim Laufen, dann passt alles wie angegossen- Sehen Sie doch.“

Der Mann lässt sich überzeugen und geht in dieser Haltung die Straße entlang. Da kommen ihm zwei Damen entgegen. Sagt die eine leise zur anderen: „Schau’ nur, der arme Krüppel“. Antwortet die andere: „Ja, aber einen guten Schneider hat er!“»

 Ein fairer Wettkampf erfordert Regeln und neutrale Fachorgane. Er erfordert authentische Coachs, die sich nicht um eines Vorteils willen in Anzüge zwängen lassen, die ihnen gar nicht passen. Die sich verbiegen, nur damit sie nicht zur Zielscheibe selbsternannter Kontrollinstanzen werden.

Im Sinne von Transparenz im Coaching, von Fairness im Wettbewerb, von Anpassung an sich rasant ändernde Bedingungen in Unternehmen und Gesellschaft müssen für unser Berufsbild verbindliche Regeln gelten.

Dabei steht in erfolgreichen Unternehmen, in allen Bereichen des Lebens und insbesondere in den Reihen der Coachs Vielfalt, die Akzeptanz derselben und das Verständnis dafür an alleroberster Stelle. Nur dann wird es uns möglich sein, die sozio-kulturellen Aufgaben unserer sich neu ordnenden Zukunftsgesellschaft zu lösen.

 Auszug aus den Berufsgrundsätzen  der European Coaching Association:

 Präambel: Diese Grundsätze bestimmen das Verhalten der Coachs in der European Coaching Association. Sie gelten bei allen Tätigkeiten der Coachs in ihren Beziehungen zu Klientinnen und Klienten, Interessentinnen und Interessenten, Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, zu Verbänden und zur Öffentlichkeit.

Die Coachs in der E.C.A. verpflichten sich freiwillig zur Einhaltung dieser Grundsätze. Darüber hinaus verpflichten sich alle ECA Coachs, die Grundsätze in geeigneter Form ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern zugänglich zu machen und diese zur Einhaltung anzuhalten:

Art. 1 – Art. 10 regeln die Berufsgrundsätze: Menschenbild und Seriosität – Fachliche Kompetenz – Methodenvielfalt – Eigenverantwortlichkeit – Unabhängigkeit und Integrität – Interessenkollision – Kollegialität – Verschwiegenheit – Wettbewerb – Vergütung – Werbung – Loyalität – Sektenausschluss

Coachs verhalten sich kollegial und beeinträchtigen weder das Ansehen von KollegInnen noch das des Berufsstandes. Unsachliche oder leichtfertige Anschuldigungen gegen KollegInnen sind berufswidrig.

Siehe ECA Vision:

 Der professionelle Coach verhält sich authentisch. Sein Menschenbild gründet sich auf Werte wie

Vertrauen – Freundschaft – Partnerschaft – Augenhöhe – Nächstenliebe – Loyalität – Professionalität – Integrität.

Der professionelle Coach übt seine Tätigkeit in den meisten Fällen freiberuflich aus. Er steht in partnerschaftlicher Arbeitsbeziehung zu Unternehmen, Führungskräften, Teams, Paaren, Familien und Kindern. Coaching ist keine Heilbehandlung im schulmedizinischen Sinne und kann diese auch nicht ersetzen.

 Wir begreifen Vielfalt als Wegbereiter, als Synergiepotential in unabhängigen, sich selbst organisierenden Zukunftsmärkten und Gruppen, als unverwechselbare, einzigartige Ressource und Entwicklungschance für Unternehmen und Individuum in einer globalisierten Welt.

Als Coachs leben wir, was wir weitergeben.

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Anlage:

 Im Zusammenhang mit dem Thema verweisen wir auch auf weitere ECA Fachartikel:

ECA Fachartikel „Vertrauen – Integrität – Augenhöhe im Management Coaching
ECA Fachartikel „Kollektive Intelligenz“
ECA Fachartikel „Sobbing“
ECA Fachartikel “Human Killing Syndrome”

Die Autoren:
Bernhard Juchniewicz – ECA Chairman – President – European Coaching Association: Bernhard Juchniewicz ist multidisziplinär ausgebildet und arbeitet seit 1976 mit Menschen in besonders belasteten Arbeits- und Lebenssituationen. Als Management Lehr-Coach und Gesundheits-Coach, Partner- & Sexuality Fach-Coach berät und coacht er Unternehmer, Führungskräfte und ihre Teams, insbesondere in den Bereichen Selbst- & Beziehungs-Management sowie Zeit- & Ziel- sowie Visions-Management, Team Leading, integeres Corporate Identity, Burnout- und Workaholic-Prävention, souveräne Krisen-Intervention, Mitwachstum von Partnern, Lebens- und Karriereplanung, Umgang mit persönlichen und beruflichen Krisen, Work / Privat Life Balance, Regeneration und Psychohygiene von Führungskräften und ihren Lebenspartnern. www.academy-eca-sozietaet.com; www.work-love-balance.com

Angelica Ulkan vereint einen betriebswirtschaftlich-sprachwissenschaftlichen Ausbildungs- und Erfahrungshintergrund auf internationaler Ebene mit psychologischem Wissen. Sie kennt die psychischen und physischen Anforderungen und Erwartungen, die an Unternehmer und Management gestellt werden, aus eigener jahrelanger Erfahrung im Executive Management. Ihre Tätigkeit als Coach wird davon entscheidend beeinflusst – ihre Arbeit steht für substanzielle Wege in der Persönlichkeits- und Unternehmensentwicklung sowie Gesundheitsvorsorge einschließlich Burnout Prävention und -Intervention. Auf der Grundlage einer ganzheitlich-integrativ orientierten Denkweise mit klarem Blick auf realistische Ziele berät und coacht sie als einfühlsame, lebenserfahrene Sparrings- und Reflektionspartnerin ihre KlientInnen, insbesondere im Executive Management Coaching, in Team-Coachings und in der Führungskräfte Entwicklung, in Burnout- & Workaholic Prävention und -Intervention, in Potential-/ Persönlichkeitsentwicklung, Self-Marketing und Sinnfindung sowie in den Bereichen Partner Coaching, Konflikt Coaching und Krisenintervention. www.ccs-consulting-coaching.de

 

27. September 2020 / by / in
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