Gedanken von ECA Lehrcoach Anke Kaupp zum digitalen Coaching

Gedanken von ECA Lehrcoach Anke Kaupp zum digitalen Coaching

Ich bin ja eigentlich ein digitaler Spätzünder. Über zwanzig Jahre lang war Coaching für mich lediglich als Präsenzveranstaltung denkbar und hat nur im direkten, räumlichen Aufeinandertreffen von zwei Menschen funktioniert: entweder sind die Kunden für den Termin zu mir gekommen oder ich zu ihnen. Solche eingespielten Abläufe wirft man nicht so einfach über Bord.

Dazu habe ich eine auditive Verarbeitungsstörung, telefonieren ist für mich oft sehr anstrengend. Wenn mich also jemand vor fünf Jahren gefragt hätte, ob ich mir Coaching via Chat oder Telefon vorstellen kann, hätte ich wohl mit einem sehr zögerlichen Blick reagiert.

In den letzten Jahren habe ich mir jedoch vermehrt die Frage gestellt, wie effektiv Präsenzcoaching wirklich ist und welche Möglichkeiten sich mit moderner Technologie bieten, um noch schneller und punktgenauer auf tagesaktuelle Problemstellungen reagieren zu können. Die vielseitigen Möglichkeiten des Einsatzes von digitalem Coaching trieben mich lange Zeit um. Als dann 2017 meine Freunde Insa und Klaas Klasing auf mich zukamen, um mit meiner Expertise das Coaching-Konzept von TheNextWe zu erarbeiten, musste ich nicht lange abwägen. Es war Zeit für eine zeitgemäße Alternative zum Präsenzcoaching.

Als Coach ist es mein vorrangiges Ziel, den Menschen dabei zu unterstützen, die Gewissheit der Möglichkeit einer freien Wahl der Alternativen für sich zu finden. Ich will erreichen, dass meine Kunden Erlebnisse und Situationen nicht mehr in einer Form bewerten, die ihnen Alternativlosigkeit als einzige Konsequenz erscheinen lässt. Digitale Tools bieten uns hierfür ganz neue Möglichkeiten und Lerneffekte. Beispielsweise können wir bei TheNextWe bis zu 200 Mitarbeiter einer Firma gleichzeitig und tagesaktuell coachen. Dies ist mit den Methoden des klassischen Präsenzcoachings einfach nicht möglich.

Digitales Coaching unterscheidet sich in vielen Punkten von klassischem Coaching. Das macht einen Großteil seiner Wirksamkeit in bestimmten Situationen aus. Zuallererst sieht der Gecoachte seinen Coach nicht, da dieser mit ihm telefoniert oder chattet. Dadurch bleibt der Coach anonym und beide Seiten können sich voll und ganz auf die jeweilige Problemstellung konzentrieren, die es zu lösen gilt. Ablenkende Faktoren wie beispielsweise die Frage nach der passenden Kleidung bleiben dabei ganz außen vor. Außerdem können sowohl Coach als auch Coachee relativ frei entscheiden, in welchen Umfeld und zu welchem Zeitpunkt sie miteinander in Kontakt treten. Dies kreiert eine bequeme Coaching-Situation für beide Seiten.

Wie funktioniert unser Ansatz bei TheNextWe: Wir wollen den Nutzern ermöglichen, durch Mindsetwandel zu ganz neuen Bewertungen einer Situation zu gelangen und ihr Verhalten nachhaltig zu verändern – um dann schlussendlich auch andere Ergebnisse zu erzielen. Denn je intensiver man die Dinge bewertet, die sich um einen herum und in seiner Gedankenwelt abspielen, umso mehr Emotionen sind beteiligt und umso weniger Lösungsmöglichkeiten offenbaren sich einem.

Der Umstand der Ungebundenheit an einen bestimmten Ort hat große Vorteile für uns Coaches: Man kann Termine jenseits strikt getakteter Öffnungszeiten vereinbaren und ist in der Lage, von überall her seinem Beruf nachzugehen. Präsenz in einer Praxis oder in einem Office ist durch diesen digitalen Ansatz nicht mehr notwendig. Eine App nimmt einem zudem endlich große Teile der mühsamen Organisationsarbeit ab.

In den kommenden Jahren wird sich das digitale Coaching an der Seite des klassischen Präsenz-Coachings etablieren. Für einen echten Bruch in der Coaching-Praxis ist unser Mindset aber noch zu sehr in den alten Stukturen verhaftet. Jede Form des Coachings hat ihre Berechtigung – da gibt es für mich gar kein „gut“ oder „schlecht“. Auf lange Sicht glaube ich jedoch, dass sich digitale Methoden durchsetzen werden. Der Coach selbst wird dabei auf keinen Fall abgeschafft – unsere Rolle wird sich mit der Zeit nur anders definieren.

14. April 2019 / by / in
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