Februar ist die Zeit des Jahres, in der seit 2011 jährlich unsere ECA-Konferenz Coaching Planet in St. Petersburg stattfindet. Coronabedingt konnte dieser Ort der persönlichen Begegnung und des Wissensaustauschs von Coaches, Therapeuten, Trainern und Mediatoren aus verschiedenen Nationalitäten in 2021 und 2022 nicht stattfinden. Auf unseren Konferenzen haben wir miteinander und voneinander gelernt und über die Jahre gemeinsam einen Weg der Entwicklung beschritten, auf den wir sehr stolz sind. Unser gemeinsamer Austausch ist immer konsenorientiert und produktiv gewesen. Das „Dach“, unter wir uns zusammengefunden haben (und hoffentlich auch zukünftig wieder werden) und zu dem sich alle Mitglieder ausnahmslos verpflichtet haben, ist das Coaching-Berufsbild der European Coaching Association.
Und dieses wiederum basiert auf dem humanistischen Menschenbild, das da sagt: jeder Mensch ist einzigartig und jeder Mensch ist von Grund auf gut. Jeder Mensch ist voller Ressourcen, hat die Fähigkeit, lebenslang zu lernen und seine Persönlichkeit zu entwickeln und hat das Recht auf Freiheit und Selbstbestimmung.
In den Open Space Gruppen während der Konferenz haben wir Zukunftsszenarien für sich weiter entwickelnde Persönlichkeiten und eine sich weiterentwickelnde Gesellschaft entworfen. Zieht man als Grundlage das von Clare W. Graves entwickelte Modell der Spiral Dynamics heran, so besteht unter uns ein Konsens darüber, dass wir uns auf dem Weg zu einem systemisch-integrativem Weltbild befinden, in dem Ländergrenzen und territoriale Ansprüche keine Rolle spielen. In dem Menschen ihr individuelles Entwicklungspotential leben können, begrenzt durch Rücksicht auf die Grenzen der Anderen.
Unsere Aufgabe als professionelle Coaches ist es, Menschen darin zu unterstützen, besser zu kommunizieren und Konflikte zu vermeiden. Und zwischen Weltanschauungen zu vermitteln, im Kleinen (im Business, in der Familie und in der Partnerschaft) wie im Großen. Unsere Lösungen bestehen darin, win-win-Situationen zu erarbeiten, Gemeinsamkeiten zu finden statt Unterschiede, damit niemand als Verlierer aus einen Konflikt herausgehen muss. Voraussetzung für jede Art von Konfliktlösung ist es, im Gespräch zu bleiben. Krieg und Gewalt lösen keine Konflikte, sondern produzieren eine Spirale aus Drohungen und Demütigungen, die zu weiterer Aggression führt. Und genau das erleben wir in diesem Moment.
Unsere Kolleginnen und Kollegen auf der ganzen Welt wissen das, und sogar ganz besonders die russischen, denn ihr Land ist durch den 2. Weltkrieg ebenfalls tief traumatisiert worden. Unsere Herzen sind bei den Menschen in der Ukraine, die – von einem Tag auf den anderen – ihres normalen Lebens beraubt wurden, um ihr Leben fürchten müssen und sich dennoch tapfer der Aggression entgegen stellen. Wir sind aber auch stolz auf unsere russischen Kollegen und Freunde, die es wagen, in Russland ihre Stimme zu erheben, auf Demonstrationen und in Petitionen, geeint durch die Ablehnung von Krieg und Gewalt.
Der Psychoanalytiker und Philosoph Erich Fromm sagte 1962 in einem Vortrag: „Haben wir aber mit dem ganzen Menschen in uns Kontakt, dann gibt es nichts Fremdes mehr. Es gibt kein Verurteilen anderer mehr aus einem Gefühl der eigenen Überlegenheit (…) Der Mensch steht heute vor der Wahl: Entweder wählt er das Leben und ist zur neuen Erfahrung von Humanismus fähig, oder die neue ‚eine Welt‘ wird nicht gelingen.“
Der Glaube daran, dass es die ‚eine Welt‘ geben kann, eint uns. Im Namen aller unserer Mitglieder und Freunde aus vielen Ländern rufen auch wir zum Frieden zwischen den Völkern auf.
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